JudikaturBvwgW214 2276491-1

W214 2276491-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
29. November 2023

Spruch

W214 2276491-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Eva SOUHRADA-KIRCHMAYER als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichterinnen Mag. Huberta MAITZ-STRASSNIG und Mag. Claudia KRAL-BAST als Beisitzerinnen über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid der Datenschutzbehörde vom 10.07.2023, Zl. D124.0061/23 2023-0.207.768, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF (VwGVG), als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. In seiner an die Datenschutzbehörde (DSB, belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht) gerichteten Beschwerde vom 16.01.2023 (ergänzt mit Eingaben vom 21.01.2023 und 12.02.2023) machte der Beschwerdeführer, vertreten durch seinen Erwachsenenvertreter, eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung geltend. Dazu brachte er im Wesentlichen vor, dass er seit Anfang Oktober im Pflegeheim XXXX untergebracht sei, eine Ummeldung an diese Adresse sei durch das Pflegeheim erfolgt. Trotzdem sei ihm eine Wahlwerbung, welche von XXXX (Erstbeschwerdegegnerin vor der belangten Behörde, Erstmitbeteiligte vor dem Bundesverwaltungsgericht) signiert worden sei, an die neue Adresse zugestellt worden. Eine Zustimmung für die Weitergabe von personenbezogenen Daten sei nicht erfolgt. Vonseiten des Beschwerdeführers werde vermutet, dass Meldedaten von der Erstmitbeteiligten oder der XXXX (Zweitbeschwerdegegnerin vor der belangten Behörde, Zweitmitbeteiligte vor dem Bundesverwaltungsgericht) missbräuchlich beschafft und verwendet worden wären.

Beigelegt wurden das betreffende Wahlwerbeschreiben, ein Vollmachtschreiben sowie ein Schreiben der Bezirkshauptmannschaft XXXX , einschließlich eines Auszuges aus dem Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnisses samt Vereinbarung über eine gewählte Erwachsenenvertretung.

2. Über Aufforderung der belangten Behörde erstattete die Erstmitbeteiligte am 31.01.2023 eine Stellungnahme, in welcher sie vorbrachte, dass das angesprochene Schreiben von der Zweitmitbeteiligten versendet worden sei, sohin nicht von der Erstmitbeteiligten.

3. Die rechtsanwaltlich vertretene Zweitmitbeteiligte führte in ihrer Stellungnahme vom 02.03.2023 zusammengefasst aus, dass das gegenständliche Schreiben unter ihrer datenschutzrechtlichen Verantwortlichkeit versendet worden sei. Die Zweitmitbeteiligte habe die zugrundeliegenden Adressdaten erhoben, gespeichert und für die Zusendung genutzt. Die Daten stammten aus dem Zentralen Wählerregister und seien auf Basis des § 6 NÖ Landesbürgerevidenzgesetz an die Zweitmitbeteiligte übermittelt worden. Die Speicherung und Nutzung zur Zusendung von Informationen erfolge im Rahmen des § 1 Abs. 2 Parteiengesetz 2012, daher vor allem zur Verwirklichung der Einflussnahme und Aufruf zur Mitwirkung an der staatlichen Willensbildung, insbesondere für Aussendungen während der Teilnahme an Wahlen zu allgemeinen Vertretungskörpern, wie gegenständlich der niederösterreichischen Landtagswahl.

Da der Beschwerdeführer in der Landes-Wählerevidenz als wahlberechtigt geführt worden sei, seien somit die Daten an die Zweitmitbeteiligte übermittelt worden, die Zusendung sei dementsprechend an den zuletzt bekannten Wohnsitz des Beschwerdeführers erfolgt.

4. Hierauf replizierte der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 15.03.2023, dass die Datenverarbeitung womöglich im Sinne der Zweitmitbeteiligten liege, aber nicht im öffentlichen Interesse. Von anderen Parteien seien dem Beschwerdeführer keine weiteren Schreiben übermittelt worden. In Art. 6 DSGVO seien keine Gründe angeführt, die „Wahlwerbung“ als Rechtfertigung für eine Verarbeitung von personenbezogenen Daten zuließen.

5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt, dass zunächst nur die Zweitmitbeteiligte die Entscheidung getroffen habe, Daten des Beschwerdeführers aus dem Zentralen Wählerregister zu erheben und folglich zwecks Zustellung eines Werbeschreibens zu verarbeiten. Wenngleich das Werbeschreiben letztlich der Erstmitbeteiligten (im Rahmen der Landtagswahl in Niederösterreich 2023) „zugutekomme“, sei diese nicht als datenschutzrechtliche Verantwortliche für die gegenständliche Datenverarbeitung zu qualifizieren, demgegenüber aber die Zweitmitbeteiligte. Fallgegenständlich kämen 1 Abs. 2 PartG iVm § 5 Abs. 2 WEviG iVm § 6 Abs. 2 NÖ LandesbürgerEviG als Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung in Betracht. Die Daten des Beschwerdeführers seien im November 2022 erhoben und das Werbeschreiben im Jänner 2023 postalisch zugestellt worden. Da die Landtagswahl in Niederösterreich im Jänner 2023 stattgefunden habe, sei somit ein zeitlicher Zusammenhang gegeben. Das Werbeschreiben habe ausschließlich die Landtagswahl in Niederösterreich zum Gegenstand gehabt, es handle sich also um Wahlwerbung. Der Beschwerdeführer habe auch zu keinem Zeitpunkt behauptet, – und lägen hierfür auch keine Anhaltspunkte vor – dass seine Daten zu anderen Zwecken als Wahlwerbezwecke verarbeitet worden wären. Die gegenständliche Datenverarbeitung finde somit Deckung in § 1 Abs. 2 PartG iVm § 5 Abs. 2 WEviG iVm § 6 Abs. 2 NÖ LandesbürgerEviG und erweise sich daher als rechtmäßig.

6. Mit Schriftsatz vom 07.08.2023 brachte der Beschwerdeführer eine Bescheidbeschwerde bei der belangten Behörde ein. In dieser Beschwerde wurde zusammengefasst vorgebracht, dass die belangte Behörde es unterlassen habe, den Sachverhalt ordnungsgemäß festzustellen und den nicht durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter vertretenen Beschwerdeführer anzuleiten und habe somit die Manuduktionspflicht verletzt, welche jedoch amtswegig wahrzunehmen sei. Das gegenständliche Schreiben erwecke den berechtigten Eindruck, dass die Erstmitbeteiligte dieses Schreiben verschickt habe und es sich um eine „amtliche Mitteilung“ handle. Es finde sich kein Hinweis darauf, dass die Zweitmitbeteiligte dieses Schreiben versendet hat. Es seien auch keine geeigneten Beweise für diese Behauptung vorgelegt worden. Es handle sich hier um ein Druckwerk, welches impressumpflichtig sei. Weiters müsse ein Hinweis („Ihre Daten stammen aus der zentralen Wählerevidenz“) zusätzlich zum Impressum enthalten sein. Der auf dem Brief befindliche Hinweis XXXX deute eindeutig auf ein Schreiben der Erstmitbeteiligten hin. Die belangte Behörde hätte ermitteln müssen, wer dieses Schreiben tatsächlich verschickt habe, aber auch, wie der Eindruck des Absenders entstehe, zumal ein Impressum und eine Datenherkunftsinformation fehlen würden, da es schließlich auf den Empfängerhorizont ankomme. Da diese Angaben auf dem betreffenden Schreiben zur Gänze fehlen würden, liege es auf der Hand, dass die Daten anderweitig verwendet worden seien, wofür es weder eine gesetzliche Grundlage noch eine Zustimmung gegeben habe, was die belangte Behörde ignoriert habe.

7. Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 09.08.2023 die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 07.08.2023 samt dem dazugehörigen Verwaltungsakt vor und gab eine Stellungnahme dahingehend ab, dass über eine allfällige Rechtsverletzung der erst- und zweitmitbeteiligten Partei abgesprochen und das Verfahren daher gerade nicht auf bloß eine (vermeintliche) verantwortliche Stelle begrenzt worden sei. Wenn der Beschwerdeführer eine Verletzung der Manuduktionspflicht ins Treffen führe, sei unklar, welche Anleitungen er erwartet habe. Anleitungen für die Erfolgsaussichten eines Anbringens seien jedenfalls nicht von der Manuduktionspflicht umfasst. Den Ausführungen zum Impressum sei entgegenzuhalten, dass dies nicht vom Beschwerdegegenstand umfasst sei und der belangten Behörde im Übrigen auch keine Zuständigkeit für den Vollzug allfälliger Verstöße gegen das ECG (§ 5) zukomme. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers seien auch ausreichende Ermittlungsschritte gesetzt worden. Auch unter Berücksichtigung des Eindruckes des betreffenden Schreibens sei dargelegt worden, dass dieses aus datenschutzrechtlicher Sicht nicht von der Erstmitbeteiligten verschickt worden sei. Selbst wenn von einem Verfahrensmangel auszugehen sei – was bestritten werde – wäre ein solcher Verfahrensmangel nicht von Relevanz, da das Ergebnis des Beschwerdeverfahrens dasselbe sein würde. Auch unter der Annahme, dass nicht die Zweit-, sondern die Erstmitbeteiligte die Verantwortliche wäre, wäre die Datenverarbeitung aus den im bekämpften Bescheid angeführten Gründen dennoch rechtmäßig. Es sei auch unrealistisch, dass die Erstmitbeteiligte die Zwecke und Mittel der relevanten Datenverarbeitung festlege. Realistischer sei vielmehr, dass die Zweitmitbeteiligte als „Parteiapparat“ – zumindest im Detail – die Zwecke und Mittel der Datenverarbeitung im Zusammenhang mit Wahlwerbung festlege. Das Beschwerdevorbringen werde daher zur Gänze bestritten und im Übrigen vollinhaltlich auf den angefochtenen Bescheid verwiesen.

8. Am 03.10.2023 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde den mitbeteiligten Parteien sowie die Stellungnahme der belangten Behörde dem Beschwerdeführer und den mitbeteiligten Parteien zur Kenntnis und gab ihnen Gelegenheit zur Abgabe einer Stellungnahme.

9. Hierauf erstattete die Zweitmitbeteiligte am 10.10.2023 eine Stellungnahme, in welcher sie zusammengefasst ausführte, dass für die vorliegend monierte Datenverarbeitung sowohl durch die Zweitmitbeteiligte, aber auch durch Erstmitbeteiligte jedenfalls eine ausreichende Rechtsgrundlage vorliege, da die Bestimmungen des § 1 Abs. 2 Parteiengesetz iVm § 5 Abs. 2 WEviG iVm § 6 Abs. 2 NÖ Landesbürgerevidenzgesetz dem Wortlaut nach den Zweck verfolgen würden, politischen Parteien im zeitlichen Umfeld von u. a. Landtagswahlen die Werbung für eigene politische Ziele durch direkte Ansprache der Wähler, etwa durch Zusendung von Werbematerial zu ermöglichen. Inwiefern das Ermittlungsverfahren mangelhaft geführt worden wäre, sei nicht erkennbar. Die nunmehr im Zusammenhang mit der Beschwerde des Beschwerdeführers eingebrachten Aspekte, insbesondere, dass nicht erkennbar gewesen wäre, von wem der Brief stamme bzw. dass das fehlende Impressum ebenfalls eine Verletzung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen darstelle, wie auch der fehlende Hinweis der Herkunft der Daten, sei weder in der ursprünglichen Beschwerde oder sonst im erstinstanzlichen Verfahren thematisiert worden.

10. Vonseiten des Beschwerdeführers wurde zur Stellungnahme der belangten Behörde keine Stellungnahme eingebracht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang wird den Feststellungen zu Grunde gelegt.

Insbesondere wird folgender Sachverhalt festgestellt:

Der Beschwerdeführer ist seit Oktober 2022 im XXXX wohnhaft. Das Pflegeheim organisierte die Ummeldung des Beschwerdeführers an die neue Adresse.

Im Jänner 2023 wurde dem Beschwerdeführer das folgende Schreiben an seine neue Adresse zugestellt (Formatierung nicht 1:1 wiedergegeben):

XXXX

XXXX

Retouren an Postfach XXXX XXXX

[Name und Adresse des Beschwerdeführers]

XXXX , Jänner 2023

Sehr geehrte/r XXXX ,

XXXX

Im Rahmen des Wahlkampfs zur niederösterreichischen Landtagswahl hat die Zweitmitbeteiligte im November 2022 u.a. Daten des Beschwerdeführers (Name und die gemeldete Adresse) aus dem Zentralen Wählerregister erhoben. Diese Daten wurden seitens der Zweitmitbeteiligten verwendet, um dem Beschwerdeführer das oben angeführte Schreiben im Jänner 2023 postalisch zuzustellen. Der Beschwerdeführer wurde in der niederösterreichischen Landes-Wählerevidenz als wahlberechtigt geführt. Die niederösterreichische Landtagswahl fand im Jänner 2023 statt.

Der Beschwerdeführer hat gegenüber den mitbeteiligten Parteien keine Zustimmung zur Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten gegeben.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt sowie aus dem Gerichtsakt. Insbesondere bestehen an den Darstellungen der Erst- und Zweitmitbeteiligten keine Zweifel und sind dem erkennenden Gericht derartige Versendungen von wahlwerbenden Schreiben vor einer Landtagswahl, bei welchen von wahlwerbenden politischen Parteien Daten aus der Wählerevidenz verwendet werden, auch notorisch bekannt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 27 Datenschutzgesetz (DSG) idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Verfahren über Beschwerden gegen Bescheide, wegen Verletzung der Unterrichtungspflicht gemäß § 24 Abs. 7 und der Entscheidungspflicht der Datenschutzbehörde durch Senat. Der Senat besteht aus einem Vorsitzenden und je einem fachkundigen Laienrichter aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles sowie anderer näher genannte (im vorliegenden Fall nicht relevante) Gesetze und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2. Zu den Prozessvoraussetzungen:

Die Beschwerde wurde gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG fristwahrend erhoben und es liegen auch die sonstigen Prozessvoraussetzungen vor.

3.3. Zu Spruchteil A)

3.3.1. Rechtslage im gegenständlichen Beschwerdeverfahren:

Art 4 Z 7 DSGVO lautet:

Artikel 4

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:

7. „Verantwortlicher“ die natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet; sind die Zwecke und Mittel dieser Verarbeitung durch das Unionsrecht oder das Recht der Mitgliedstaaten vorgegeben, so kann der Verantwortliche beziehungsweise können die bestimmten Kriterien seiner Benennung nach dem Unionsrecht oder dem Recht der Mitgliedstaaten vorgesehen werden;

Art. 51 Abs. 1 DSGVO lautet:

Artikel 51

Aufsichtsbehörde

(1) Jeder Mitgliedstaat sieht vor, dass eine oder mehrere unabhängige Behörden für die Überwachung der Anwendung dieser Verordnung zuständig sind, damit die Grundrechte und Grundfreiheiten natürlicher Personen bei der Verarbeitung geschützt werden und der freie Verkehr personenbezogener Daten in der Union erleichtert wird (im Folgenden „Aufsichtsbehörde“).

Art. 57 Abs. 1 lit. f DSGVO lautet:

Artikel 57

Aufgaben

(1) Unbeschadet anderer in dieser Verordnung dargelegter Aufgaben muss jede Aufsichtsbehörde in ihrem Hoheitsgebiet

Art. 77 Abs. 1 DSGVO lautet:

Artikel 77

Recht auf Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde

(1) Jede betroffene Person hat unbeschadet eines anderweitigen verwaltungsrechtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs das Recht auf Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde, insbesondere in dem Mitgliedstaat ihres Aufenthaltsorts, ihres Arbeitsplatzes oder des Orts des mutmaßlichen Verstoßes, wenn die betroffene Person der Ansicht ist, dass die Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten gegen diese Verordnung verstößt.

§ 1 DSG Abs. 1 und 2 lauten:

§ 1. (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.

(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.

§ 18 Abs. 1 DSG lautet:

§ 18. (1) Die Datenschutzbehörde wird als nationale Aufsichtsbehörde gemäß Art. 51 DSGVO eingerichtet.

§ 24 Abs. 1 und 5 DSG lauten:

§ 24. (1) Jede betroffene Person hat das Recht auf Beschwerde bei der Datenschutzbehörde, wenn sie der Ansicht ist, dass die Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten gegen die DSGVO oder gegen § 1 oder Artikel 2 1. Hauptstück verstößt.

(5) Soweit sich eine Beschwerde als berechtigt erweist, ist ihr Folge zu geben. Ist eine Verletzung einem Verantwortlichen des privaten Bereichs zuzurechnen, so ist diesem aufzutragen, den Anträgen des Beschwerdeführers auf Auskunft, Berichtigung, Löschung, Einschränkung oder Datenübertragung in jenem Umfang zu entsprechen, der erforderlich ist, um die festgestellte Rechtsverletzung zu beseitigen. Soweit sich die Beschwerde als nicht berechtigt erweist, ist sie abzuweisen.

§ 1 Abs. 1 und Abs. 2 Parteiengesetz 2012 (PartG) lauten:

1. Abschnitt

Politische Parteien

Gründung, Satzung, Transparenz

§ 1. (Verfassungsbestimmung) (1) Die Existenz und die Vielfalt politischer Parteien sind wesentliche Bestandteile der demokratischen Ordnung der Republik Österreich (Art. 1 B-VG, BGBl. Nr. 1/1930).

(2) Eine politische Partei ist eine dauernd organisierte Verbindung, die durch gemeinsame Tätigkeit auf eine umfassende Beeinflussung der staatlichen Willensbildung, insbesondere durch die Teilnahme an Wahlen zu allgemeinen Vertretungskörpern und dem Europäischen Parlament, abzielt und deren Satzung beim Bundesministerium für Inneres hinterlegt ist.

§§ 1 Abs. 3, 4 Abs. 2 und Abs. sowie 5 Abs. 2 WEviG lauten:

Führung der Wählerevidenz

(3) Die Wählerevidenz ist unter Verwendung des Zentralen Wählerregisters – ZeWaeR (§ 4 Abs. 1) zu führen. Die Datensätze haben für jeden Wahl- und Stimmberechtigten die für die Durchführung von Wahlen, Volksbegehren, Volksabstimmungen und Volksbefragungen erforderlichen Angaben, das sind Familiennamen, Vornamen, akademische Grade, Geburtsdatum, bei Wahlberechtigten mit Hauptwohnsitz im Inland außerdem die Wohnadresse sowie das entsprechende bereichsspezifische Personenkennzeichen (§§ 9 ff des E-Government-Gesetzes – E-GovG, BGBl. I Nr. 10/2004), zu enthalten. Für die Österreicher mit Hauptwohnsitz im Ausland ist nach Möglichkeit die sich aus dem für die Eintragung maßgebend gewesenen Lebensbeziehungen ergebende Adresse ebenfalls zu erfassen. Bei im Ausland lebenden Wahlberechtigten ist nach Möglichkeit auch die E-Mail-Adresse zu erfassen.

Zentrales Wählerregister (ZeWaeR)

(2) Jeweils zum 10. Februar und zum 10. August sind die in § 1 Abs. 3 angeführten Daten der Wählerevidenzen aller Gemeinden, ausgenommen die bereichsspezifischen Personenkennzeichen, für Zwecke des § 1 Abs. 2 des Parteiengesetzes 2012, BGBl. I Nr. 2012/56, sowie für Zwecke der Statistik auf Antrag unentgeltlich an die zur Vertretung nach außen berufenen Organe der im Nationalrat vertretenen Parteien mittels maschinell lesbarer Datenträger oder im Weg der Datenfernverarbeitung zu übermitteln. Der Empfänger hat den betroffenen Personenkreis in geeigneter Weise zu informieren. Die Daten des ZeWaeR dürfen mit den Daten des Zentralen Melderegisters (§ 16 des Meldegesetzes 1991) verknüpft werden. Zum Zweck eines Datenabgleichs bei der amtswegigen Versendung von Wahlkarten oder Stimmkarten (§ 3 Abs. 5 in Verbindung mit § 39 Abs. 2 letzter Satz NRWO oder § 5a Abs. 5 letzter Satz des Bundespräsidentenwahlgesetzes 1971) können die Daten der Wählerevidenzen mit den Daten des Zentralen Melderegisters verknüpft werden.

Einsichtnahme in die Wählerevidenz

(2) Die in allgemeinen Vertretungskörpern vertretenen Parteien können überdies aus der Wählerevidenz für Zwecke des § 1 Abs. 2 des Parteiengesetzes 2012, BGBl. I Nr. 2012/56, sowie für Zwecke der Statistik Abschriften herstellen. Der Empfänger der Abschriften hat den betroffenen Personenkreis in geeigneter Weise zu informieren. Die Gemeinde kann, wenn eine Partei die Absicht äußert, Abschriften herzustellen, oder das Verlangen auf Herstellung von Abschriften stellt, gegen Ersatz der Kosten Ausdrucke der Wählerevidenz ausfolgen; in diesem Fall hat die Gemeinde einen Ausdruck der Wählerevidenz auf Verlangen auch den anderen Parteien unter den gleichen Bedingungen zu übergeben. Die Ausfolgung einer grafischen Datei (z. B. PDF-Datei) anstelle eines Ausdruckes ist zulässig.

§ 1 sowie § 6 Abs. 1 und 2 NÖ Landesbürgerevidenzengesetz (NÖ LandesbürgerEviG) lauten:

§ 1

Landesbürgerevidenzen

In jeder Gemeinde sind neben der nach den bundesrechtlichen Vorschriften zu führenden Wählerevidenz (Wählerevidenzgesetz 2018, BGBl. I Nr. 106/2016 in der Fassung BGBl. I Nr. 32/2018) Landesbürgerevidenzen, bestehend aus einer Landes-Wählerevidenz und einer Gemeinde-Wählerevidenz, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu führen.

§ 6

Einsicht in die Landesbürgerevidenzen

(1) In die Landesbürgerevidenzen kann jede Person, welche sich von der Vollständigkeit und Richtigkeit der Landesbürgerevidenzen überzeugen will, bei der jeweiligen Gemeinde Einsicht nehmen. Die Möglichkeit der Einsichtnahme hat sich auf die im § 5 Abs. 1 angeführten Angaben, ausgenommen das bereichsspezifische Personenkennzeichen, zu beschränken. Die Einsichtnahme kann mit Hilfe des ZeWaeR hergestellten Papierausdrucken oder über einen Computerbildschirm erfolgen. Im letzteren Fall darf die Einsichtnahme ausschließlich in Auflistungen gemäß der Gliederung von § 1 Abs. 2 Wählerevidenzgesetz 2018, BGBl. I Nr. 106/2016 in der Fassung BGBl. I Nr. 32/2018, erfolgen. Suchanfragen im Rahmen der Einsichtnahme sind unzulässig.

(2) Die im NÖ Landtag oder im Gemeinderat der betreffenden Gemeinde vertretenen Parteien können für Zwecke des § 1 Abs. 2 des Parteiengesetzes 2012, BGBl. I Nr. 56/2012 in der Fassung BGBl. I Nr. 247/2021, sowie für Zwecke der Statistik überdies aus den Landesbürgerevidenzen Abschriften herstellen. Die Gemeinde hat, wenn eine solche Partei die Absicht äußert, Abschriften herzustellen, oder das Verlangen auf Herstellung von Abschriften stellt, innerhalb von 4 Wochen gegen Ersatz der Kosten Ausdrucke der Landesbürgerevidenzen auszufolgen. Die Ausfolgung mittels maschinell lesbarer Datenträger oder im Weg der Datenfernverarbeitung anstelle eines Ausdruckes ist zulässig. Die Empfängerinnen dieser Daten haben den betroffenen Personenkreis in geeigneter Weise zu informieren.

3.3.2. Umgelegt auf den gegenständlichen Fall bedeutet dies Folgendes:

3.3.2.1. Soweit der Beschwerdeführer zunächst eine Verletzung der Manuduktionspflicht rügt, ist festzuhalten, dass die Manuduktionspflicht nach § 13a AVG keine Beratung der Verfahrensparteien in materiell-rechtlicher Hinsicht verlangt. Auch unvertretenen Personen sind nur die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen zu geben, sie sind aber nicht in materieller Hinsicht zu beraten und nicht anzuleiten, welche für ihren Standpunkt günstigen Behauptungen sie aufzustellen bzw. mit welchen Anträgen sie vorzugehen haben (vgl. VwGH 01.10.2021, Ra 2018/06/0053). Eine Manuduktionspflicht der Behörde dahingehend, Antragsteller auf eine zweckmäßige Antragstellung hinzuweisen, besteht ebenso wenig (vgl. VwGH 31.03.2021, Ra 2020/10/0162).

„Die - nach § 17 VwGVG 2014 auch im Verfahren vor den VwG geltende - Manuduktionspflicht nach § 13a AVG bezieht sich auf Verfahrenshandlungen und deren Rechtsfolgen. Weder die belangte Behörde noch das BVwG waren deshalb verhalten, den Revisionswerber oder seinen Rechtsvertreter anzuleiten, wie er sein Vorbringen zu gestalten habe, um einen von ihm angestrebten Erfolg zu erreichen“ (siehe zuletzt VwGH 04.05.2023, Ra 2021/20/0469).

Vor diesem Hintergrund kann eine Verletzung der Manuduktionspflicht gegenüber dem Beschwerdeführer im behördlichen Verfahren nicht erkannt werden.

3.3.2.2. Zur behaupteten Verletzung im Recht auf Geheimhaltung:

3.3.2.2.1. § 1 Abs. 1 DSG legt fest, dass jedermann, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten hat, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Eine Beschränkung dieses Anspruchs ergibt sich grundsätzlich aus Abs. 2 leg. cit., die DSGVO und insbesondere auch die darin verankerten Grundsätze sind jedoch zur Auslegung des Rechts auf Geheimhaltung jedenfalls zu berücksichtigen (vgl. den Bescheid der DSB vom 31.10.2018, GZ DSB-D123.076/0003-DSB/2018, RIS). Unter schutzwürdigen personenbezogenen Daten sind in diesem Zusammenhang nicht nur als personenbezogene erkennbare Angaben, wie etwa Name, Geschlecht, Adresse oder der Wohnort einer Person zu verstehen, sondern beispielsweise Werturteile und damit schlechthin personenbezogene Informationen. Sämtliche personenbezogene Daten – d.h. sowohl automationsunterstützt verarbeitete Daten als auch manuelle Daten – sind, sofern ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse besteht, geheim zu halten bzw. ist eine Verarbeitung dieser Daten unzulässig.

Der zentrale Anknüpfungspunkt, ob ein Grundrechtsanspruch gemäß § 1 Abs. 1 DSG überhaupt besteht, ist das Vorliegen von „schutzwürdigen“ Interessen. Bei deren Prüfung ist eine Interessenabwägung vorzunehmen. Hier gilt es insbesondere die datenschutzrechtlichen Grundsätze der Rechtmäßigkeit und der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen.

Außer Frage steht zunächst, dass es sich im vorliegenden Fall beim Namen und der Adresse des Beschwerdeführers um personenbezogene Daten iSd § 1 DSG und Art. 4 Z 1 DSGVO handelt und diese im Sinne des Art. 4 Z 2 DSGVO verarbeitet wurden.

3.3.2.2.2. Zur fallgegenständlichen datenschutzrechtlichen Verantwortlicheneigenschaft:

„Verantwortlicher“ ist nach Art 4 Z 7 DSGVO die natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet.

Beim Verantwortlichen handelt es sich um jene Person oder Einrichtung, die dafür zu sorgen hat, dass die Datenschutzbestimmungen der DSGVO eingehalten werden. Damit gilt der Verantwortliche als Adressat der Pflichten aus der DSGVO und der Begriff dient der Zuweisung von Verantwortlichkeiten […]. Der Verantwortliche ist Adressat von Ansprüchen der betroffenen Person und gilt als Ansprechstelle für Maßnahmen der Aufsichtsbehörde […] (vgl. Hödl in Knyrim, DatKomm Art 4 DSGVO, Rz 77).

Bei der Ausrichtung der Definition als Verantwortlicher – als jene Person oder Stelle, die über Zweck(e) und Mittel der Verarbeitung entscheidet – handelt sich im Regelfall um eine funktionalistische Sichtweise, wonach die Verantwortlichkeit anhand des tatsächlichen Einflusses auf die Entscheidung zugewiesen wird (Hödl in Knyrim, DatKomm Art 4 DSGVO Rz 87; in diesem Sinne auch Jahnel, Kommentar zur Datenschutz-Grundverordnung Art. 4 Z 7 DSGVO Rz 16). Wesentliches Kriterium ist somit stets die Bestimmung von Zweck und Mittel der Verarbeitung.

Der Verantwortliche kann sich nicht darauf beschränken, nur den Zweck zu bestimmen. Bei der Festlegung der Mittel hat der Auftragsverarbeiter einen gewissen Handlungsspielraum. „Wesentliche Mittel“, dh Mittel, die in engem Zusammenhang mit dem Zweck und dem Umfang der Verarbeitung stehen, etwa die Bestimmung der Betroffenen, über die Daten verarbeitet werden, die über sie zu verarbeiteten Datenarten, ihre Speicherdauer und die Kategorien von Empfängern, sind in der Regel dem Verantwortlichen vorbehalten (siehe dazu EDSA, Leitlinien 07/2020 zu den Begriffen „Verantwortlicher“ und „Auftragsverarbeiter“ in der DSGVO, Version 2.0 vom 07.07.2021).

Wie in den Feststellungen bereits festgehalten wurde, hatte die Zweitmitbeteiligte – worauf auch die Erstmitbeteiligte entsprechend in ihrer Stellungnahme vom 31.01.023 hingewiesen hat – die betreffenden Daten des Beschwerdeführers aus dem Zentralen Wählerregister erhoben und in weiterer Folge verwendet, um dem Beschwerdeführer das gegenständliche Wahlwerbeschreiben zuzusenden. Demnach war der belangten Behörde beizupflichten, dass für die gegenständliche Datenverarbeitung die Erstmitbeteiligte als datenschutzrechtliche Verantwortliche nicht in Betracht kam.

Das erkennende Gericht verkennt dabei ebenso wenig, dass unter Zugrundelegung der Gestaltung des betreffenden Wahlwerbeschreibens der Eindruck entstehen könnte, die Erstmitbeteiligte hätte das Schreiben XXXX verschickt. Allerdings zielte dieses Schreiben inhaltlich darauf ab, der Erstmitbeteiligten, welche auch im Zeitraum der Datenerhebung und der Versendung der Schreiben XXXX der XXXX Niederösterreich war, als Kandidatin im Rahmen der seinerzeitigen XXXX Landtagswahl zugutezukommen. Gleichwohl ist aus datenschutzrechtlicher Perspektive für die Klassifizierung als Verantwortlicher die Bestimmung von Zweck und Mittel der Verarbeitung entscheidend, wohingegen sich im vorliegenden Fall betreffend die Erstmitbeteiligte keine Anhaltspunkte dahingehend ergeben haben. Auch der Beschwerdeführer konnte mit seinen Ausführungen keine Umstände aufzeigen, die eine Beurteilung der Erstmitbeteiligten als Verantwortliche nahegelegt hätten. Wiederum ist auf der anderen Seite plausibel, dass die Zweitmitbeteiligte als Parteiorganisation den Versand solcher Schreiben bzw. die vorangehende Erhebung der Daten organisiert hat, woraus sich auch eine Bestimmung von Zweck und Mittel der fallrelevanten Verarbeitung iSd Art. 4 Z 7 DSGVO durch die Zweitmitbeteiligte ergibt.

Folglich hat die belangte Behörde zu Recht die Zweitmitbeteiligte als datenschutzrechtliche Verantwortliche für die fallbezogene Datenverarbeitung qualifiziert und insofern die Beschwerde hinsichtlich der Erstmitbeteiligten bereits mangels Verantwortlicheneigenschaft abgewiesen (vgl. VwGH 18.03.2022, Ro 2020/04/0027).

3.3.2.2.3. Daher ist Folgendes zu erwägen:

Nach § 1 Abs. 2 DSG sind Beschränkungen des Geheimhaltungsanspruchs nur zulässig, wenn die Verwendung personenbezogener Daten im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, bei überwiegenden berechtigten Interessen eines anderen oder bei Vorhandensein einer qualifizierten gesetzlichen Grundlage.

Wie bereits mehrfach angeführt, hatte die Zweitmitbeteiligte die Daten des Beschwerdeführers (Name und Adresse) aus dem Zentralen Wählerregister abgefragt und in weiterer Folge auf Basis dessen das – namentlich adressierte – obenzitierte Schreiben diesem zugesendet.

Im gegebenen Fall ist es unstrittig, dass weder eine Verwendung personenbezogener Daten im lebenswichtigen Interesse des Beschwerdeführers, noch eine Zustimmung des Beschwerdeführers zur Verarbeitung der gegenständlichen personenbezogenen Daten vorliegt.

Die Zweitmitbeteiligte berief sich in diesem Zusammenhang auf § 1 Abs. 2 PartG iVm § 6 NÖ LandesbürgerEviG als tragende Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung. Demgemäß sei sie berechtigt, die Daten des Beschwerdeführers (Name und Anschrift) aus der Wählerevidenz zu erheben und infolge zu verarbeiten, um den betreffenden Brief zu versenden, zwecks Information von Wahlberechtigten über ihre politischen Anliegen und Arbeit und somit ihrer gesetzlichen Aufgabe gemäß § 1 Abs. 2 PartG, nämlich der Mitwirkung an der staatlichen Willensbildung (durch Mobilisierung von Wählern) zu entsprechen.

Insoweit (und darüber hinaus) ist ebenso die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid bereits von § 1 Abs. 2 PartG iVm § 5 Abs. 2 WEviG iVm § 6 Abs. 2 NÖ LandesbürgerEviG als qualifizierte gesetzliche Grundlage für die fallbezogene Datenverarbeitung ausgegangen.

Gegenständlich hat bereits der Gesetzgeber in Abwägung der Grundrechtsbestimmung des § 1 DSG normiert, in welchen Fällen politische Parteien Daten der Wählerevidenz zulässigerweise verwenden dürfen. Eine Verarbeitung (bzw. Verwendung zur Versendung) – und damit Privilegierung gegenüber anderen Einrichtungen – ist lediglich für den Zweck einer „umfassenden Beeinflussung der staatlichen Willensbildung, insbesondere durch die Teilnahme an Wahlen zu allgemeinen Vertretungskörpern und dem Europäischen Parlament“ zulässig.

Unstrittig ist, dass die grundsätzliche Möglichkeit der Abfrage/Verarbeitung und Nutzung des Wählerverzeichnisses durch die Zweitmitbeteiligte, eine politische Partei, gegeben ist. Insofern ist hingegen vielmehr zu prüfen, ob die gegenständliche Verwendung von Daten durch die Zweitmitbeteiligte rechtlich gedeckt war:

Wie sich aus § 4 Abs. 2 WEviG ergibt, ist eine Verarbeitung von Daten aus der Wählerevidenz durch politische Parteien für die in § 1 Abs. 2 PartG genannten Zwecke zulässig.

Gemäß § 5 Abs. 2 WEviG können die in allgemeinen Vertretungskörpern vertretenen Parteien aus der Wählerevidenz für Zwecke des § 1 Abs. 2 PartG sowie für Zwecke der Statistik Abschriften herstellen.

Nach § 6 Abs. 2 NÖ LandesbürgerEvIG können die im NÖ Landtag oder im Gemeinderat der betreffenden Gemeindevertretenen vertretenen Parteien für Zwecke des § 1 Abs. 2 des PartG sowie für Zwecke der Statistik überdies aus den Landesbürgerevidenzen Abschriften herstellen.

Es ist – wie schon von der belangten Behörde ausgeführt wurde (vgl. den Bescheid der DSB vom 30.05.2017, GZ DSB-D122.640/0001-DSB/2017; siehe auch den Bescheid vom 18.09.2018, GZ DSB-D122.923/0005-DSB/2018) - rechtlich zulässig, dass politische Parteien jedenfalls im zeitlichen Umfeld sowie auch außerhalb des zeitlichen Umfelds von (Landtags-)Wahlen Werbung für eigene politische Ziele (und andere Inhalte) durch direkte Ansprache der Wähler, etwa durch Zusendung von Werbematerial, betreiben, und sich dabei eines besonders privilegierten Zugriffs auf Daten bedienen können. Dieser Zugriff ist allerdings durch die in § 1 Abs. 2 PartG definierte Tätigkeit einer politischen Partei beschränkt. Überdies verfügen die im niederösterreichischen Landtag vertretenen Parteien über einen privilegierten Zugriff auf Daten in den Landesevidenzen, wobei wiederum eine Beschränkung auf Zwecke nach § 1 Abs. 2 PartG vorgesehen ist.

„Unter dem Begriff Wahlwerbung ist jede Art der Werbung der - bei einer konkreten Wahl anerkannten - wahlwerbenden Parteien sowie der einzelnen Wahlwerber um die Stimmen der Wähler zu verstehen. Der VfGH stellt in ständiger Rechtsprechung bei der von der "politischen Partei" zu unterscheidenden "Wahlpartei" bzw. "wahlwerbenden Partei" auf eine Wählergruppe ab, die nach der jeweiligen Wahlordnung einen Wahlvorschlag eingebracht hat (vgl. VfGH 2.3.2022, W I 6/2021, Rn. 29, mwN; vgl. auch bereits § 2 Z 1 und 2 PartG 2012). Der VfGH umschreibt den Begriff der Wahlwerbung als "Werbung um die Stimmen der Wähler", hinsichtlich derer die NRWO 1992 (dort: § 62 Abs. 1 NRWO 1962, BGBl. Nr. 246) nur die Bestimmung über das Verbot der Wahlwerbung in den Verbotszonen enthält (vgl. VfGH 1.10.1963, W I-9/62 = VfSlg. 4527). Der VfGH hat auch darauf hingewiesen, dass bei Wahlen wahlwerbende Gruppierungen "miteinander im Wettbewerb" stehen (VfGH 30.8.1994, W I-6/94 = VfSlg. 13.839). Die Verbreitung nichtamtlicher Stimmzettel durch eine Wählergruppe ist der Wahlwerbung zuzurechnen und kein Teil des Wahlverfahrens (vgl. VfGH 5.3.2009, W I-4/07, B 2215/07, G 261/07 = VfSlg. 18.729)“ (VwGH 26.01.2023, Ra 2022/01/0220).

Wie sich aus dem Inhalt des gegenständlichen Werbeschreibens ergibt, hat dieses ausschließlich die Landtagswahl in Niederösterreich zum Gegenstand, worin die Erstmitbeteiligte um eine Stimmabgabe für sich warb. Sohin ist das betreffende Schreiben jedenfalls als Wahlwerbung iSd der obenzitierten Judikatur zu qualifizieren. Der Zugriff auf die personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers durch die Zweitmitbeteiligte erfolgte im November 2022. Da die Zustellung des betreffenden Schreibens im Jänner 2023 erfolgte und die niederösterreichische Landtagswahl ebenso im Jänner 2023 stattfand, ereignete sich demgemäß die Zusendung des Wahlschreibens auch im zeitlichen Umfeld der niederösterreichischen Landtagswahl. Daher ist in einer Gesamtbetrachtung die fallgegenständliche Verarbeitung jedenfalls von § 1 Abs. 2 PartG iVm § 5 Abs. 2 WEviG iVm § 6 Abs. 2 NÖ LandesbürgerEviG gedeckt. Es haben sich zudem auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren keinerlei Anhaltspunkte dahingehend ergeben, dass die in Rede stehenden Daten zu anderen Zwecken als Wahlwerbezwecke verarbeitet worden wären.

Der Vollständigkeit halber wird festgehalten, dass auch eine Beurteilung nach der DSGVO zu keinem anderen Ergebnis kommt, da keine Verletzung des Art. 5 DSGVO erkennbar ist und diese Bestimmung im Verfahren vom Beschwerdeführer auch nicht weiter releviert wurde. Überdies war die beschwerdegegenständliche Datenverarbeitung auf der Grundlage des Art. 6 Abs. 1 lit. e DSGVO in Verbindung mit den oben genannten landesgesetzlichen Bestimmungen zulässig.

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, das gegenständliche Wahlwerbeschreiben weise kein Impressum und keine Datenherkunftsinformation auf, muss zunächst zum einen der Zweitmitbeteiligten zugestanden werden, dass diese Aspekte weder in der ursprünglichen Beschwerde oder sonst im erstinstanzlichen Verfahren thematisiert bzw. vorgebracht worden sind. Zum anderen muss auch der belangten Behörde beigepflichtet werden, dass dieses Vorbringen insofern nicht vom hier anhängigen Beschwerdegegenstand umfasst ist. Der belangten Behörde ist diesbezüglich auch dahingehend zuzustimmen, dass dieser keine Zuständigkeit in Bezug auf allfällige Verstöße gegen – hier konkret von der Behörde angeführt - § 5 E-Commerce-Gesetz (ECG) zukommt (vgl. Ciresa in Schwimann/Kodek [Hrsg], ABGB Praxiskommentar5 [2021] zu § 26 ECG, Rz 3). Sollte der Beschwerdeführer hingegen das Impressum im Sinne von § 24 Mediengesetz (MedienG) gemeint haben, so ist wiederum darauf hinzuweisen, dass der belangten Behörde keine Zuständigkeit hinsichtlich des Vollzuges allfälliger Verstöße gegen die Pflicht zur Veröffentlichung eines Impressums zuteil wird (vgl. § 27 MedienG).

Auch das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass ihm keine Schreiben anderer politischen Parteien zugekommen seien, kann an der Gesamtbeurteilung nichts ändern, da die angesprochenen Rechtsgrundlagen eine gesetzliche Ermächtigung, aber keine rechtliche Verpflichtung der politischen Parteien beinhalten, Wahlwerbungsschreiben zu versenden.

Im Ergebnis wies die belangte Behörde daher zu Recht die Datenschutzbeschwerde des Beschwerdeführers wegen einer behaupteten Verletzung im Recht auf Geheimhaltung durch die mitbeteiligten Parteien als unbegründet ab, weshalb die Beschwerde abzuweisen ist.

3.3.3. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann – soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist – das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Es wurde zwar ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt, jedoch war im gegenständlichen Fall der Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt. Die Heranziehung weiterer Beweismittel war zur Klärung des Sachverhaltes nicht notwendig.

Das Bundesverwaltungsgericht hat vorliegend ausschließlich über eine Rechtsfrage zu erkennen (vgl. EGMR 20.06.2013, Appl. Nr. 24510/06, Abdulgadirov/AZE, Rz 34 ff.). Auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist (VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.06.2012, B 155/12).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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